Stiftung Warentest und das "gute Hundefutter"

Es ist wieder so weit:

Holt das Popcorn raus, lehnt euch gemütlich zurück und stöbert etwas in den sozialen Medien ...

 

Warum?

Stiftung Warentest hat 26 Nassfutter und 5 Tiefkühl-Fertigbarfmenüs getestet und die Ergebnisse führen zu allerlei heißen Diskussionen.

 

Die "Aluhut-Fraktion" ist zur Stelle und felsenfest davon überzeugt, dass die Hersteller der als gut getesten Nassfutter wie z.B. Gut&Günstig von Edeka oder Pedigree für diesen Test tief in die Taschen greifen mussten und überhaupt alle „geschmiert“ und alles „gefälscht“ sei. Verschwörungstheorien, Fake News und hitzige Auseinandersetzungen - ein richtiges "Affentheater" findet hierzu gerade in den sozialen Medien statt ... 😉

 

Das kann zwar unterhaltsam sein, aber schauen wir uns doch lieber einmal die nüchternen Fakten an, anstatt weiterhin gemütlich Popcorn zu schnabulieren... 

 

Ergänzung 2022: Du möchtest einen Überblick über die letzten drei Tests haben? Dann lies dazu unseren Blogartikel auf der Mibekka Akademie Seite: https://akademie-hundeernaehrung.de/hundefutter-stiftung-warentest/

 

Worum geht es eigentlich?

Jeder Forschung liegt eine Forschungsfrage zugrunde, nach welcher vorgegangen und in deren Licht die Ergebnisse beurteilt werden. Was also hat Stiftung Warentest da genau untersucht?

Die 31 getesteten Futtersorten sind alle als Alleinfuttermittel deklariert - und hier ist schon der entscheidende "Knackpunkt" für die Diskussion. Ein Alleinfuttermittel ist gesetzlich ganz klar definiert als Futter, das den "Nährstoffbedarf des Tieres alleine deckt". Das bedeutet, das Futter muss zwingend alle essentiellen Nährstoffe, die Dein Hund benötigt, enthalten, damit er täglich (!) alles bekommt, was er braucht. Ein solches Futter könntest Du also theoretisch ein Hundeleben lang füttern und der Hersteller trägt sozusagen die Verantwortung dafür, dass es dadurch zu keinen Nährstoffmängeln bei Deinem Hund kommt, wenn Du es in der von ihm vorgegebenen Menge gibst.

(Wie sinnvoll das ist, ist eine andere Frage und war eben nicht Gegenstand der Untersuchung 😉. Als Beispiel: Gäbe es eine Fertigpizza für Menschen, die damit wirbt, dass in dieser Pizza alles enthalten ist, was Du als Mensch am Tag so zu Dir nehmen solltest, dann hast Du als Verbraucher das Recht, bei täglichem Konsum von Fertigpizza keine Mängel zu erleiden 😉...  Ob das besonders gesund und sinnvoll ist, ist wie gesagt ein anderes Thema und bei dieser Frage nicht relevant.

Würde der Hersteller aber einfach Ergänzungsfuttermittel auf die Pizza schreiben, wäre Dir klar, dass da ein paar Nähstoffe fehlen und Du dementsprechend noch andere Sachen zu Dir nehmen solltest.)

 

Sind also nicht alle Nährstoffe enthalten, darf das Futter nicht als Alleinfuttermittel beworben werden, sondern sollte als Ergänzungsfuttermittel deklariert werden. Dem Verbraucher, also Dir, ist damit ersichtlich, dass zusätzlich andere Dosen oder Nahrungsergänzungsmitteln gefüttert werden müssen, um eine bedarfsdeckende Ernährung zu erreichen.

Stiftung Warentest hat also insbesondere untersucht, ob die Hersteller dieser gesetzlichen Vorgabe nachkommen und tatsächlich alle notwendigen Nährstoffe in den Futtermitteln enthalten sind - denn nur dann ist ein Alleinfuttermittel ein "gutes Futter".

Die Forschungsfrage lautet also: "Versorgt das untersuchte Futter den Hund mit allen Nährstoffen?"

 

 

Wie wurde das untersucht?

Die Grundlage für die Untersuchung ist der aktuelle Stand der Wissenschaft, also die Bedarfsempfehlungen nach NRC bzw. FEDIAF. 

Berechnet wurde jeweils mit Hilfe eines Musterhundes, der laut Stiftung Warentest einem deutschen Durchschnittshund entspricht: Ein mäßig aktiver, 15kg schwerer Hund, der 724kcal pro Tag benötigt. 

Dazu wurden sechs Kriterien entworfen, die in unterschiedlicher Gewichtung beeinflussten, wie gut das jeweilig untersuchte Futtermittel bewertet wurde. Ich habe Dir das übersichtlich mal zusammengefasst.

Den größten Anteil machte demnach die "ernährungsphysiologische Qualität" (60%) aus, also die Überprüfung, ob das Futter alle wichtigen Nährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Protein, Aminosäuren, Fettsäuren) liefert. 15% der Bewertung entfiel auf das Kriterium "Fütterungshinweise", indem geprüft wurde, ob die angegebenen Futtermengen den Energiebedarf des Musterhundes decken. Auch Hinweise, ob zusätzlich Wasser angeboten werden sollte und dass je nach Rasse, Aktivität und Alter unterschiedliche Futtermengen benötigt werden, individuell also von der Futterempfehlung abgewichen werden sollte, wurden geprüft.

10% der Bewertung machte aus, ob der Kunde genau informiert und nicht getäuscht wird - die Angaben zur Deklaration und Werbung wurden überprüft, ob Packungsangaben korrekt und vollständig, lesbar und übersichtlich sind und ob Abbildungen und Werbeaussagen irreführend oder erlaubt waren.

Jeweils 5% der restlichen Bewertungskriterien waren Schadstoffuntersuchungen (Sind Blei, Arsen, Kadmium, Quecksilber oder Melamin enthalten?), die mikrobiologische Qualität (Wie steht es um die Gesamtkeimzahl? Sind Enterobakterien, Clostridien, Salmonellen enthalten? Die BARF-Menüs wurden zusätzlich auf u.a. Staphylokokken, E.Colis und Yersinien untersucht) und die Verpackung (Wie lässt sich das Futter entnehmen, öffnen und verschließen und gibt es korrekte Recycling- und Materialkennzeichungen?).

Ergänzend hierzu wurde das Futter auf die enthaltenen Tierarten, spezielle Auslobungen des Futters (wie z.B. getreidefrei) und auf die Proteinqualität überprüft (sind Spuren von Haaren, Borsten oder Federn zu finden?).

 

 

Ergebnisse

         "Barf-Menü vom Pferd mit Heidekartoffeln" von Tackenberg
"Barf-Menü vom Pferd mit Heidekartoffeln" von Tackenberg

Schauen wir uns erst einmal die Ergebnisse in Bezug auf die sogenannten Fertig-Barf-Menüs an. Untersucht wurden Tiefkühl-Alleinfuttermittel der Firmen Dibo, Petman, Procani, Tackenberg und ZooRoyal. Alle fünf Futtermittel fielen mit der Note mangelhaft (5,0) und der Begründung durch, dass keines der Futtermittel als Alleinfuttermittel deklariert werden dürfte. Bei allen "Menüs" fehlten zahlreiche Nährstoffe und auch die Fütterungshinweise waren durchgehend zu ungenau dargestellt. Manche der Futtermittel waren stark mit E.Coli Bakterien oder Enterokokken belastet.

 

Schaut man sich beispielsweise das als Alleinfuttermittel deklarierte und im Test untersuchte "Barf-Menü vom Pferd mit Heidekartoffeln" von Tackenberg an, ist Dir vermutlich sofort klar, dass das keine bedarfsdeckende Fütterung und damit auch kein Alleinfuttermittel sein darf.

Zusammensetzung: 35% Pferdefleisch, 35% Pferdeherz, 30% Kartoffeln. Keine Zusatzstoffe.

Im oberen Diagramm habe ich Dir die Mineralstoffversorgung nachgerechnet, die auch von Stiftung Warentest bestätigt wird. Es fehlen Kalzium, Kupfer, Zink, Jod, Selen und Magnesium und bei der empfohlenen Futtermenge sogar Phosphor. Auch die Vitaminversorgung sieht nicht viel besser aus, es fehlen u.a. Vitamin A und D. Beworben wird das Futter allerdings als "ausgewogen und komplett".

 

Die anderen Sorten lassen sich teilweise nicht genau nachrechnen, da sie sehr ungenau deklariert sind, wie z.B. Dibo. Zusammensetzung: 2/3 Muskelfleisch und Herz (Rindfleisch, Rinderherz), 1/3 Gemüse und Getreide. Zugefügt wird dem Futter Calciumcarbonat, sowie Vit. A, D und E. Da hier genauere prozentuale Angaben fehlen und keine Aussagen über die Art des Getreides getroffen werden, ist ein genaues Nachrechnen nicht möglich. Stiftung Warentest stellte fest, dass neben anderen Nährstoffen zu wenig Vitamin A und D (obwohl es zugesetzt wird) enthalten waren und dass das als "proteinreich" beworbene Futter selbst den Proteingehalt des Musterhundes nicht decken konnte.

Auffällig war weiterhin, dass das von Petman als "echte Vollnahrung und Alleinfuttermittel" gelobte Barf-in-One Komplett Menü Pferd, das "Singleprotein" und damit allergikerfreundlich sein soll, neben Pferd außerdem Huhn enthielt. Außerdem war auch hier u.a. zu wenig Kalzium enthalten und das von Petman sogar selbst analysierte Calcium-Phosphor-Verhältnis beträgt nur 0,7:1.

Was bei dem einen zu wenig ist, haben die anderen zu viel: Hector &Paula von ZooRoyal enthält das Sechsfache des Kalziumbedarfs.

Procani wirbt mit Ölen für glänzendes Fell, enthält aber viel zu wenig Linolsäure. Und so weiter - hier könnte man noch deutlich mehr ausführen, ich denke aber, Du hast gesehen, dass all diese Menüs den Anspruch eines Alleinfuttermittels nicht erfüllen.

 

Jetzt also zu den Nassfuttersorten.

Die Spitzenreiter des Tests waren Futtermittel der Discounter Edeka (Gut&Günstig) und Lidl (Orlando). Gefolgt von Futtermitteln von Aldi Süd, Netto, Penny und Rewe. Alle Sorten waren bezüglich der Nährstoffversorgung bedarfsdeckend, die Fütterungsempfehlungen meist stimmig. Pedigree folgt auf Platz 8 mit der Gesamtnote 2,0 (gut) als bestes Markenfutter im Test, dem ein guter Nährstoffmix bescheinigt wird. Bemängelt wird hier eine Werbeaussage auf dem Etikett, auf welchem zu lesen ist "mit 51% Fleisch". Mit * wird sehr klein das Fleisch als "Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse" bezeichnet. Gesetzlich darf "Fleisch" aber nur Skelettmuskelfleisch sein, also keine tierischen Nebenerzeugnisse beinhalten wie u.a. Innereien. Diese "Verbrauchertäuschung" wird bei mehreren Sorten bemängelt.

Im Mittelfeld folgen weitere Sorten, u.a. Rinti, Animonda, Granata Pet und Landfleisch. Manche Sorten haben aufgrund deutlich zu hoher Futterempfehlungen schlechtere Noten, Wolfsblut besteht mit der Note 3,8 als letzte Sorte - es weist das Zehnfache des Kalziumbedarfs auf und eine hohe Kadmiumbelastung.

Eines der vier durchgefallenen Nassfuttermittel
Eines der vier durchgefallenen Nassfuttermittel

Die vier durchgefallenen und mit der Note 5,0 (mangelhaft) bewerteten Nassfuttersorten von DM (Dein Bestes), Fressnapf (Real Nature), Herrmanns (Bio-Huhn mit Hirse) und Herzenshund (Hirsch mit Quinoa) wiesen alle zahlreiche Nährstoffmängel auf. Auch bezüglich der Schadstoffe fielen zwei der durchgefallenen Futtermittel auf: DM lieferte mehr Jod als der Grenzwert für Tierfutter erlaubt (kann zu Schilddrüsenproblemen führen!) und Herzenshund hatte den höchsten Bleigehalt im Futter.

 

Einige der Futtermittel werben damit, keine künstlichen Zusatzstoffe beizugeben - das zeigt sich auch in der Nährstoffversorgung. So fehlt häufig Vitamin D komplett, Zink, Kupfer, Selen und Jod kommen deutlich zu kurz und auch Vitamin B1 und Vitamin E sind nicht ausreichend enthalten. Das erkennst Du in den von mir nachberechneten Rationen für eines der durchgefallenen Futtermittel am Beispiel des Musterhundes aus dem Test.

 

Eines der vier durchgefallenen Nassfuttermittel
Eines der vier durchgefallenen Nassfuttermittel

Jetzt weißt Du also, wie es sein kann, dass Stiftung Warentest sehr günstige Discounterfuttermittel (0,59€ pro Tag für den Musterhund) als Testsieger bewertet und als hochwertig angepriesene Futtermittel den Test hingegen nicht bestanden haben.

 

Viele als Alleinfuttermittel deklarierte Futter sind nicht bedarfsdeckend, vermitteln dies aber dem Kunden, der das Beste für seinen Hund möchte und sich auf die Angaben des Herstellers verlässt.

 

Wir können also den Aluhut wieder einpacken, das Popcorn mit dem Hund teilen und die Emotionen etwas abkühlen 😉.

Der Test von Stiftung Warentest war absolut korrekt in der Untersuchung, ob die Futter bedarfsdeckend sind oder nicht. Denn ein nicht bedarfsdeckendes Futtermittel ist nun einmal kein Alleinfuttermittel - egal, wie man es dreht und wendet.

 

Augen auf beim Futterkauf

Aber was heißt das nun?

Stiftung Warentest hat eindrücklich gezeigt, dass wir uns leider nicht darauf verlassen können, dass die gesetzlichen Deklarationsvorschriften bezüglich eines Alleinfuttermittels eingehalten werden. Nicht jedes Alleinfuttermittel deckt also den Bedarf Deines Hundes.

ABER: Das bedeutet nicht, dass dieses Futter dann nicht gut ist - es ist nur einfach nicht bedarfsdeckend und sollte, um Missverständnissen vorzubeugen, als Ergänzungsfuttermittel deklariert werden. Dann weißt Du, dass Du es mit den entsprechend fehlenden Nährstoffen ergänzen musst, um Deinen Hund umfassend zu versorgen.

Für die Frage, was Du also füttern solltest, kann der Test leider keine Hilfe bieten. Denn die Sinnhaftigkeit oder Qualität des Futters im Bezug auf die Zusammensetzung wurde eben nicht untersucht.

 

Was kannst Du also daraus lernen?

Sei kritisch!

Schau Dir das Futter Deines Hundes genau an: Ist es wirklich ein Alleinfuttermittel oder doch eher ein "Pseudo-Alleinfuttermittel"?  Sind die Vitamine D, B und E zugefügt oder gibt es natürliche Vitamin D Quellen? Sind Jod und Zink enthalten und wie sieht es mit dem Kalzium aus?

Hersteller, die mit "naturnah" und "ohne synthethische/künstliche Zusätze" werben, können die Bedarfswerte nach NRC kaum auf natürliche Art und Weise decken. Das lässt sich schon bei den B-Vitaminen deutlich erkennen, die als nicht hitzebeständige Vitamine durch das Erhitzen der Dose auf ganz natürlicher Weise reduziert werden und damit nicht mehr bedarfsdeckend vorhanden sind.

 

Wenn Du Hilfe bei der Beurteilung eines Futters benötigst oder eine individuell für Deinen Hund passende Fütterung finden möchtest, bei der alle Nährstoffe bedarfsgerecht gedeckt sind UND die Qualität und sinnvolle Zusammensetzung stimmt, melde Dich gerne. Dafür gibt es schließlich ErnährungsberaterInnen... 😉.

 

Und wenn Du noch mehr zu Stiftung Warentest und den getesteten Hundefuttersorten der letzten Jahre (2019, 2021 und 2022) möchtest, dann schau mal auf unserer Akademie für Hundeernährungs-Seite vorbei: https://akademie-hundeernaehrung.de/hundefutter-stiftung-warentest/